Armin Groh: Die blinden Flecken der Demokratie. Eine Entdeckungsreise in die politische Ideengeschichte.

Armin Groh: Die blinden Flecken der Demokratie. Eine Entdeckungsreise in die politische Ideengeschichte.
Wien: Promedia 2023, 264 Seiten.

Was Demokratien mit Pralinen gemeinsam haben? Von beiden gibt es viele Sorten. Unterhaltsam, in Gesprächsform, in Dialogen und überschaubaren Wissensportionen ist diese Entdeckungsreise konzipiert. Der Reiseleiter, studierter Philosoph und als Fachdidaktiker in der Ausbildung von Lehrer*innen aktiv, eröffnet das Buch mit Erfahrungen aus seiner Kindheit. Wohlbehütet und wohlversorgt aufwachsend lernt er durch einen gleichaltrigen Spielkameraden dessen Familie und dadurch die Lebensbedingungen ärmerer Leute kennen.

Seine philosophischen und seine politischen Basisinformationen erhält er durch seine Nachhilfelehrerin. Sie bemerkt die Neugier des jungen Gymnasiasten, sie öffnet ihm Türen zu Philosophie, zu Politik und speziell zur Frage: „Was macht Demokratie aus?“ Vorgestellt werden liberale, neoliberale, republikanische Ideen über Staat, Gemeinschaft und Menschenbild, mit ihren unterschiedlichen Ansichten über Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger betreffend Markt und Staat.

Ein folgendes Kapitel beschäftigt sich mit „Demokratie und Eigentum“, wobei es hierbei realistisch um Ankauf von Sozialwohnungen und an deren Stelle den Aufbau sowie Verkauf kostspieligen Wohnraums geht. Der ärmere Schulfreund und seine Familie müssen wegziehen – ein viel weiterer Schulweg ist eine Konsequenz.

Beispielhaft wird verdeutlicht, dass seit Beginn der Moderne dem „Haben“ gegenüber dem „Sein“ Vorrang gegeben wurde, der Verbundenheit mit der Natur und mit den Mitmenschen eine Absage erteilt ­wurde. 

Einen Schwerpunkt legt der Autor auf das Verhältnis Demokratie und dominierender Wirtschaft. Alternativen, die „Demokratie in der Wirtschaft“ betreffen, haben eine lange Tradition, aber sind nur wenig bekannt. Kritische Hinweise, dass die Schule darüber kaum etwas vermittelt, fehlen nicht. Diese fehlende Bildung hält der Autor für einen wesentlichen Grund, dass wir eine autoritär organisierte und handelnde Wirtschaft mehrheitlich ­akzeptieren und von demokratischen Unternehmen oder Gemeinwohlökonomie nur wenig die Rede ist. 

Eingebettet in die Geschehnisse einer Schulklasse, in die Situation von Familien mit unterschiedlichem sozialem Hintergrund und das Engagement einer Bürgerbewegung kommen Grundsatzfragen bezüglich Globalisierung, Frieden und Medien zur Geltung. Kritik an mangender politischer Bildung und wie wichtig es ist, sich für Bildung einzusetzen, wird eindrucksvoll aus Schülersicht vorgebracht.

Im Hinblick darauf, dass nur wenig von der politischen Ideengeschichte in der Schule gelehrt wird, eignet sich das Buch sehr gut für dir Fort- und Weiterbildung von Lehrer*innen sowie als ideale Begleitung der in letzter Zeit geförderten Finanzbildung.

In der Erwachsenenbildung ist das Buch besonders für politische Bildung sowie für die Professionalisierung Lehrender und Verantwortlicher zu empfehlen. //

Lenz, Werner (2023): Armin Groh: Die blinden Flecken der Demokratie. Eine Entdeckungsreise in die politische Ideengeschichte. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Herbst 2023, Heft 280/74. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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