Um erste Daten zum Einsatz von Online-Formaten bei der Durchführung von Bildungsveranstaltungen an den Volkshochschulen in Österreich zu erhalten, führte der Verband Österreichischer Volkshochschulen (VÖV) eine Erhebung durch. Diese erfolgte von Jänner bis März 2021 in Zusammenarbeit mit den Landesverbänden und bezog sich auf den Zeitraum von Februar 2020 bis inklusive Jänner 2021. Unterstützt wurde der VÖV bei der Erstellung des Fragebogens von der Digitalisierungsbeauftragten der VHS Wien Doris Vickers. Anlass für die Erhebung war der Digitalisierungsschub im Zuge der Corona-Pandemie. Nachdem in der zweiten Februarhälfte 2020 erste COVID-19-Infektionen in Österreich bekannt wurden, kam es ab Mitte März zu weitreichenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens, die auch den Veranstaltungsbetrieb der Volkshochschulen betrafen. Kurse und Veranstaltungen in Präsenzform konnten ab diesem Zeitpunkt in der gewohnten Form nicht mehr durchgeführt werden. Trotz erster Öffnungsschritte ab Mitte April und der Wiederaufnahme des Schulbetriebes ab Mitte Mai konnte der Präsenzunterricht nur sehr stark eingeschränkt1 aufgenommen werden. Die Volkshochschulen reagierten unter anderem mit einem Ausweichen auf digital gestützten Fernunterricht und mit Weiterbildungsveranstaltungen für KursleiterInnen und ihre MitarbeiterInnen2 zum Einsatz digitaler Tools für den Unterricht.
Alle Landesverbände beteiligten sich an der Erhebung. Darüber hinaus kamen gesondert Meldungen von einer großen kommunalen Volkshochschule und eines kleinen Volkshochschulträgers mit mehreren Standorten. Insgesamt konnten damit 11 Fragebögen ausgewertet werden.
Erhoben wurde die Anzahl der Kurse und Teilnahmen – differenziert nach verschiedenen Formaten – und Einzelveranstaltungen.
Bei den digitalen Formaten im Kursbereich wurde folgende Differenzierung vorgenommen:
- Online-Kurse (nur online via Zoom, Skype, Lernplattformen),
- Hybrid-Formate (Präsenzveranstaltungen der VHS, die per Stream übertragen wurden),
- Blended Learning (Verschränkung von Präsenz- und Onlineveranstaltungen),
- online mit anderen Medien (Telefon und Messengerdienste)
- sowie „sonstige Formate“
Demnach wurden im Zeitraum Februar 2020 bis einschließlich Jänner 2021 insgesamt rund 6.640 digitale Kurse mit 53.600 Teilnahmen und 690 Kurzveranstaltungen mit 12.100 BesucherInnen gezählt. Insgesamt umfasst die Erhebung damit 7.730 Veranstaltungen mit 65.700 Teilnahmen.
Vergleichszahlen zur gesamten Bildungstätigkeit der Volkshochschulen liegen für den Erhebungszeitraum Februar 2020 bis Jänner 2021 nicht vor. Die Volkshochschulstatistik 2021 des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen beinhaltet die Daten des Arbeitsjahres 2019/20 (September 2019 bis August 2020) – mit der Ausnahme Vorarlberg mit Daten aus dem Kalenderjahr 2020. Um den Umfang des digitalen Kursgeschehens zumindest größenordnungsmäßig einzuordnen, können die Daten aus der Volkshochschulstatistik vergleichend gegenübergestellt werden: Insgesamt wurden in der Statistik 44.699 Kurse mit 417.303 Teilnahmen erfasst3. Daran gemessen haben die digitalen Kurse einen „Anteil“ von rund 15 Prozent beziehungsweise die digitalen Teilnahmen von rund 13 Prozent.
Der Frauenanteil bei den Teilnahmen beträgt 72 Prozent und liegt damit etwas unter dem Wert in der Volkshochschulstatistik (75 Prozent). Die durchschnittliche Kursgröße liegt bei 8,1 Teilnahmen/Kurs (Statistik: 9,3) und die durchschnittliche Dauer eines Kurses beträgt 17,8 Unterrichtseinheiten/Kurs (Statistik: 16,5).
Tabelle 1: Digitale Kurse und Teilnahmen. Zum Vergleich die Daten der VHS-Statistik 2021 in Klammer
Digitale Formate
Der überwiegende Teil der digitalen Veranstaltungen mit einem Anteil von 78 Prozent sind reine Online-Kurse. Danach kommen Blended-Learning-Formate, die Präsenzphasen mit Online-Elementen verschränken, mit einem Anteil von zwölf Prozent. Eine gewisse Bedeutung haben auch Übertragungen von Präsenzveranstaltungen mit fünf Prozent Anteil. Telefon und Kurznachrichtendienste kamen im digitalen Kursbetrieb hingegen kaum zum Einsatz, hier wurden nur von drei Bundesländern Kurse zugeordnet. Dass diese typischen Kommunikationsformen der Smartphones für Kursformate wenig geeignet sind ist zwar nicht überraschend, darauf zu schließen, dass diese Endgeräte nicht genutzt wurden wäre aber ein Trugschluss. Vielfach haben sich diese vertrauten Geräte als „Mittel der Wahl“ herausgestellt4.
Fachbereiche
Bei der Aufschlüsselung der Kurse nach Fachbereichen folgte der Fragebogen dem gewohnten Erhebungsschema der jährlichen Volkshochschulstatistik. Neben der Anzahl der angebotenen und durchgeführten Kurse sowie Unterrichtseinheiten und Teilnahmeeinheiten, wurden die Teilnahmen nach Geschlecht und nach Altersgruppen aufgeschlüsselt.
Tabelle 2: Kurse, Teilnahmen und Unterrichtseinheiten (UE) nach Fachbereichen in Prozent. Ergebnisse der VHS-Statistik 2021 in Klammer zum Vergleich.
Vor allem drei Fachbereiche fallen im Vergleich zum gewohnten Bild im Kursbetrieb der Volkshochschulen auf: Wenig überraschend ist die Unterrepräsentierung im digitalen Kursbetrieb des sonst teilnahmestärksten Fachbereichs „Gesundheit und Bewegung“. Dagegen nimmt der Fachbereich „Sprachen“ bei allen drei Kennzahlen, Anzahl der Kurse, Teilnahmen und Unterrichtseinheiten, den ersten Platz ein. Sehr auffällig ist auch der große Posten, den die Unterrichtseinheiten im Fachbereich „Grundbildung und Zweiter Bildungsweg“ ausmachen – 38,4 Prozent. Gemeinsam mit den Sprachkursen entfallen 78 Prozent der Unterrichtseinheiten auf diese beiden Fachbereiche.
Altersgruppen
Das Fachbereichsprofil im digitalen Bereich mit dem Schwerpunkt bei Sprachkursen und Grundbildung/Zweiter Bildungsweg und der Unterrepräsentanz des Gesundheitsangebotes erklärt die altersmäßige Zusammensetzung der Teilnahmen. Mit der Ausnahme der Altersgruppe der unter 15-Jährigen sind die Teilnahmen bis 49 Jahre im Vergleich zur Volkshochschulstatistik 2021 überrepräsentiert und die Altersgruppen ab 50 Jahren unterrepräsentiert. Die größte Altersgruppe sind bei den digitalen Angeboten die 20 bis 29-Jährigen gefolgt von den 30- bis 39-Jährigen. Zum Vergleich: In der Volkshochschulstatistik ist die größte Altersgruppe die 50- bis 59-Jährigen, die 20 bis 29-Jährigen stehen an sechster Stelle.
Digital vs. Präsenz?
Digitale Formate in der Bildungsarbeit sind nicht erst seit Corona zentrales Thema in der Erwachsenenbildung und werden sich darüber hinaus weiter etablieren, auch wenn der aktuelle Digitalisierungsschub vor allem durch die Bemühung um die Aufrechterhaltung und Fortführung des Kursbetriebes begründet war. Vielfach erprobt sind bereits ihr ergänzender oder verschränkter Einsatz bei Präsenzformaten.5 Digitale Bildung und Bildung vor Ort werden sich in Zukunft ergänzen, wenngleich die Fragen, die sich daraus ergeben, nicht einfach zu beantworten sind. Beispielsweise inwieweit unterschiedliche Formate auch in Konkurrenz zu einander stehen werden – auch durch neue Anbieter. Auch eines der zentralen Argumente der Volkshochschulbildung, ihre Niederschwelligkeit durch Ortsnähe, der freie Zugang und niedrige Kosten, muss im Kontext digitaler Angebote neu formuliert werden.
Digitale Angebote scheinen hier auf den ersten Blick im Vorteil, stellen aber in Bezug auf Lernmotivation und Selbstdisziplin neue Anforderungen an die Lernenden. Die allerorts und jederzeitige Verfügbarkeit beinhaltet die Verlockung, Lernen auf morgen zu verschieben. Auch wenn die Veränderungen durch die Digitalisierung der Bildung schon länger im Gang und für die Zukunft noch schwer absehbar sind, im Pandemiejahr 2020 wurden einige Fundamente für die Volkshochschulen gelegt, auf die hier eine statistische Betrachtung möglich wird. //
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