Werner Wintersteiner: Poetik der Verschiedenheit. Literatur, Bildung, Globalisierung.

Werner Wintersteiner: Poetik der Verschiedenheit. Literatur, Bildung, Globalisierung.
Klagenfurt/Celovec: Drava Verlag 2022, 322 Seiten.

Literatur, Bildung, Erziehung in Zusammenhang bringen. Eine Poesie der Verschiedenheit mit einer Poesie des Diversen in Beziehung setzen. Wie Literatur, Sprache und Kultur in Dienst genommen werden aber auch wie sich Literatur dem widersetzt und welches emanzipatorische Potenzial interkulturelle Literaturdidaktik mit sich bringen kann. Solche Themen analysiert Werner Wintersteiner, Professor für Deutschdidaktik an der Universität Klagenfurt.

Sein Ziel ist es, mit dem Buch zu zeigen, wie mit Literatur Erkenntnisse und Kräfte zu gewinnen sind: ein literarisches Mittel, um die Welt zu entdecken. Wintersteiner gelingt ein nachdrückliches – nachhaltiges? – Plädoyer für „globale Bildung“, die sich seiner Meinung nach transkulturell und mehrsprachig orientieren soll. Abgesehen von vielen literarischen Zeugnissen und Belegen, nennt Wintersteiner den Autor, Philosophen, Kulturtheoretiker Edouard Glissant (1928–2011), aus der französischsprachigen Karibik, als seinen Bezugsdenker und geistigen Mentor.

Wintersteiner legt hiermit die überarbeitete, zweite Auflage seines 2006 erschienen Buches vor. Im Vorwort werden übersichtlich die Themen Postkolonialismus, Globalisierung und eben die Auffassungen, Aussagen von Edouard Glissant dargelegt. Deutlich wird, dass sich Wintersteiner für eine positive, nicht aber einer naiven Hoffnung hingebenden, Weltsicht einsetzt, wobei Poesie unterstützt, eigenverantwortlich zu leben und mutig stets neu zu beginnen.

Das Buch baut auf einem einleitenden Kapitel auf, das „Die Diversität der Diskurse“ erläutert. Der Autor erklärt darin die Form seines wissenschaftlichen Arbeitens als Tätigkeit des „Übersetzens“. Es geht dabei darum (S. 27): „Erkenntnisse, Argumente, Diskurse, die in einer bestimmten Disziplin entwickelt wurden, sind in eine andere Disziplin zu übertragen.“ Kein simples „Übernehmen“, sondern ein prüfendes „Übersetzen“, das „riskante Überschreiten einer Grenze“ sind dafür notwendig. 

Aus bildungswissenschaftlicher Perspektive debattiert der Autor interkulturelle Pädagogik und globales Lernen mit literaturdidaktischen Implikationen. In seiner Argumentation folgt er drei Diskurslinien, nämlich einer politisch-pädagogischen, einer literaturwissenschaftlichen und einer literaturdidaktischen. 

Die Studie ist in zwei große Kapitel strukturiert. Im ersten wird der „Diskurs der Diversität“ unter den Aspekten Globalisierung, Kultur und Bildung behandelt. Das zweite Kapitel umfasst die „Poesie des Diversen“, wobei Literatur und Interkulturalität besonders berücksichtigt werden. Dies mündet in „didaktische Konsequenzen“, die den „Umgang mit Sprache“ betonen. 

Sich mit Mehrsprachigkeit zu beschäftigen und dadurch „Offenheit“ und „heilsames Erstaunen“ anzuregen, lässt den Autor hoffen, dass es den Lesenden und Lernenden gelingt (S. 225), „einen fremden Blick auf unsere eigene Kultur zu werfen“. Diese Absicht unterstützen viele literarische Texte, die mit Alterität in Verbindung stehen. Sie ermöglichen anschauliche Bezüge zur Literatur und ihrer Wirkung.

Das wissenschaftlich fundiert verfasste Buch eröffnet nicht nur Einblick in die pädagogische Diskussion über globale Bildung und Literaturdidaktik. In seiner interdisziplinären Konzeption bietet das Buch somit auch ein nachahmenswertes Beispiel, wie Bildung als komplexer und umfassender Prozess analysiert und (literatur-)didaktisch aufbereitet werden kann. Zugleich lehrt das Buch, sich zu Themen wie Alterität, Differenz und Diversität wissenschaftlich sorgsam zu verhalten.

Für Lehrende in der Kategorie „Sprache“ zur weiteren Professionalisierung sowie für wissenschaftliche Bibliotheken zu empfehlen. //

Lenz, Werner (2022): Werner Wintersteiner: Poetik der Verschiedenheit. Literatur, Bildung, Globalisierung. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Herbst 2022, Heft 277/73. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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