Michael Dick/Winfried Marotzki/Harald Mieg (Hrsg.): Handbuch Professionsentwicklung.

Michael Dick/Winfried Marotzki/Harald Mieg (Hrsg.): Handbuch Professionsentwicklung.
Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt 2016, 638 Seiten.

Gehören ErwachsenenbildnerInnen einer Profession an? Zweifellos gehen Prozesse der Professionalisierung vor sich: Institutionalisierung, Verrechtlichung, Verwissenschaftlichung, Verberuflichung und Akademisierung. Eine einheitliche grundlegende theoretische und praxisbezogene Ausbildung, ein entsprechendes Fortbildungsprogramm oder die Entwicklung eines verbindlichen Berufsbildes ist aber nicht festzustellen. Es gibt Professionalisierungsprozesse, aber keine Formierung einer Profession. Es gibt EinzelkämpferInnen, als individualisierte Mitglieder einer Berufskultur, aber ohne formalisierte Netzwerke oder Berufsverbände, die Interessen effektiv durchsetzen können. Es gibt letztlich keinen Konsens, welche Kompetenzen, Qualifikationen und welches Können ErwachsenenbildnerInnen auszeichnen sollen.

So lauten Antwort und Urteil von Dieter Nittel und Julia Schütz im vorliegenden Handbuch (S. 566 ff.), was die Profession Erwachsenenbildung betrifft. Der Beitrag findet sich im vierten und letzten Abschnitt, der sich mit der „Entwicklung beispielhafter Professionen“ beschäftigt. Weitere Beispiele sind Pflegeberufe, Kindheitspädagogik, Soziale Arbeit, Umweltberufe, Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Allgemeinmedizin, Zahnärzteschaft, ArchitektInnen, Unternehmensberatung, JournalistInnen und Leistungssport.

Was die Professionsentwicklung dieser unterschiedlichen Berufsfelder betrifft, ist bei allem die Betonung der Notwendigkeit von Weiterbildung, speziell der Auf- und Ausbau von entsprechenden Strukturen zu bemerken. Inhaltlich verändern sich die Professionen, indem sie stärker mit anderen Berufsbereichen kooperieren müssen – z. B. Medizin mit Pflegepersonal, LehrerInnen mit Sozialberufen, ArchitektInnen mit RechtsvertreterInnen.

Daraus ergibt sich eine spezielle Erwartung an Weiterbildung, die über ursprünglich erworbene fachspezifische Kompetenzen und Qualifikationen hinausführen soll. Die komplexer werdenden Berufstätigkeiten, die sich differenzierenden Berufsfelder sowie der Einfluss technologischer Innovationen begründen die hohen Anforderungen, die an eine hochwertige, innovative berufsorientierte Weiterbildung gestellt werden. Zudem soll diese auch die gesellschaftlichen Entwicklungen als Triebkräfte von Veränderungen nicht außer Acht lassen.

Moderne berufliche Ausbildung, so vermitteln diese Beispiele der Professionsforschung, sollte auf die Notwendigkeit von Fortbildung und auf die Fähigkeit sich weiterzubilden vorbereiten. Die Voraussetzungen dafür könnten strukturell geschaffen und zugleich sollte Professionalität von Weiterbildungspersonal gefördert werden. Für Letzteres bietet sich an den thematischen Zusammenhang von Bildung, gesellschaftlicher und beruflicher Entwicklung stärker zu beachten.

In den ersten drei Teilen des Handbuchs werden geboten:

„Grundlegende professionstheoretische Konzepte“ mit Beiträgen u. a. zum Begriff, gesellschaftlicher Bedeutung und Europäisierung von Profession.

„Relevante Konzepte aus benachbarten Forschungsfeldern“, u. a. zu den Themen Biografie, Empowerment, Erfahrung, Evaluation, Entwicklungsaufgaben im Erwachsenenalter, Freiwilligenarbeit, Gender und Profession.

„Methoden der Professionsentwicklung“, u. a. mit Überlegungen zu Supervision und Coaching, Qualitätszirkel, Kollegiale Beratung, Experteninterview, Rolle computerbasierter Medien im lebenslangen Lernen, Wirksamkeitsforschung in der Weiterbildung.

Die Professionsforschung verdeutlicht, wie wenig wir uns auf eine einmalige grundlegende Erstausbildung verlassen sollten. Sie führt vor Augen, welche Verzahnung mit ständiger Fort- und Weiterbildung inzwischen – berufs- und allgemeinorientiert – selbstverständlich sein sollte.

Das umfangreiche Handbuch empfiehlt sich wegen seines Gewichts nicht unbedingt für das Nachtkästchen, aber für alle einschlägige Institutionen und Fachbibliotheken sowie für die Leseliste von beruflichen Aus- und Weiterbildnerinnen – selbstverständlich auch für alle, die an der weiteren Entwicklung von Erwachsenenbildung und beruflicher Weiterbildung interessiert sind. //

Lenz, Werner (2017): Michael Dick/Winfried Marotzki/Harald Mieg (Hrsg.): Handbuch Professionsentwicklung. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. November 2017, Heft 262/68. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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