Die große Herausforderung in der Bildung ist nach wie vor die bestehende Ungleichheit: „Der sozioökonomische Status und der Bildungsstand der Eltern haben in Österreich einen größeren Einfluss auf die Bildungsergebnisse als in anderen EU-Ländern“, heißt es im jüngst erschienenen Monitoring-Bericht der Europäischen Kommission für die allgemeine und berufliche Bildung 20171.
Die Ungleichheit zeigt sich in der Schule bei den Ergebnissen der PISA-Studien: Kinder von Eltern mit Hochschulabschluss sind bei den leistungsstarken SchülerInnen deutlich überrepräsentiert. Zudem hatte Österreich zwischen 2006 und 2015 einen Rückgang der Resilienz unter benachteiligten SchülerInnen zu verzeichnen.2 Im Rahmen der länderspezifischen Empfehlungen des „Europäischen Semesters 2017“ fordert die Europäische Kommission Österreich daher auf, die Bildungsergebnisse benachteiligter junger Menschen, insbesondere jener mit Migrationshintergrund, zu verbessern.3
Soziale Ungleichheiten führen zu einer Schwächung des Gesellschaftsgefüges, die Kluft zwischen den Bürgern und öffentlichen Institutionen wächst und unter vielen Menschen macht sich ein Gefühl der Ohnmacht breit. Sie sind der Meinung, dass sie ohnedies keinen Einfluss auf politische und gesellschaftliche Entwicklungen haben. Aber soziale Ungleichheiten wirken sich auch auf die wirtschaftliche Entwicklung aus, zum Beispiel gehen sie einher mit einem schwachen wirtschaftlichen Wachstum und nur geringen Produktivitätszuwächsen im technologischen Wandel. Ein dauerhaftes und inklusives Wachstum kann hingegen durch Politiken erzielt werden, die eine gezielte Stärkung der Schwächeren beinhalten.
Die Ergebnisse der PIAAC-Studie, die die Grundkompetenzen von Erwachsenen misst wie Lesekompetenz, mathematische Alltagskompetenz sowie den Umgang mit Computer und Internet, zeigen, dass sich fehlende Grundkompetenzen auch im Erwachsenenleben fortsetzen.
Um soziale Ungleichheit zu reduzieren, sind laut dem jüngst erschienenen OECD-Bericht „Educational Opportunity for All. Overcoming Inequality throughout the Life Course“4 eine Reihe von politischen Maßnahmen erforderlich. „Erwachsenenbildung für Alle“ ist eine dieser Maßnahmen. Dabei ist die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit von Menschen mit benachteiligenden Hintergründen zu nennen, ebenso die gezielte Förderung von gefährdeten Gruppen und die Reduktion von Barrieren zur Teilhabe an Bildung. Eine besondere Aufmerksamkeit sollten junge Erwachsene erhalten, die sich weder in Beschäftigung noch im Bildungssystem befinden (NEETs), aber auch alleinerziehende Mütter und Frauen, die den Arbeitsmarkt aus Gründen der Kindererziehung und Pflegeverpflichtungen verlassen haben sowie die eingewanderte Bevölkerung (OECD 2017, S. 115).
Die „Initiative Erwachsenenbildung“ mit ihren beiden Programmteilen Basisbildung und erwachsenengerechter Pflichtschulabschluss ist ein europäisches Vorzeigemodell, das sich auch dadurch auszeichnet, dass wir in Österreich ein deutlich breiteres Verständnis von grundlegender Bildung haben als die Europäische Kommission.
Die Volkshochschulen tragen zur Umsetzung der „Initiative Erwachsenenbildung“ und anderer Maßnahmen, die sich an Menschen mit Benachteiligungen richten, wesentlich bei und verbessern somit auch die Chancen dieser Menschen.
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