In diesem Beitrag möchten wir das im vergangenen Jahr abgeschlossene Erasmus+ Projekt „SAFE – Safe Spaces For Learning“ vorstellen, in dem sich – von EPATV (Escola Professional Amar Terra Verde) aus Portugal koordiniert – Partnereinrichtungen aus ganz Europa (Die Wiener Volkshochschulen aus Österreich, DAFNI KEK aus Griechenland, Patatrac aus Italien, „EAEA – European Association for the Education of Adults“ aus Belgien und „ICAE – International Council for Adult Education aus Serbien“) mit den Zusammenhängen zwischen Privilegien, Sicherheiten bzw. Unsicherheiten, Zugang und Barrieren sowohl in unseren Bildungseinrichtungen als auch in der Gesellschaft im Allgemeinen, auseinandergesetzt haben.
In den Projektjahren 2020 bis 2023 erarbeiten die Partner*innen zunächst ein gemeinsames Verständnis von „safe spaces“, indem sie eine theoretische Auseinandersetzung sowie Gespräche mit verschiedenen Akteur*innen von Erwachsenenbildungseinrichtungen führten. Die Ergebnisse des Austauschs und der Recherchen sind in drei Produkten des Projekts nachzulesen:
1. Im „Safe Spaces for Learning Guide: How to create and maintain a safe space for adult learning“. 2. In der Zusammenfassung der Gruppengespräche/Interviews mit lernenden und lehrenden Erwachsenen: „The Why, the What, the Who, the Where and the How.“ 3. In einer „Visual Library“ mit Beispielen bestehender „safe spaces“ für die Erwachsenenbildung. Dargestellt sind sämtliche Ergebnisse auch online auf der Projekt-Homepage: https://www.safespacesale.eu.
Alle Erkenntnisse und Ergebnisse flossen in die Entwicklung eines Brettspiels ein, das in diesem Beitrag kurz beschrieben wird, und schließlich wurde ein Policy Paper veröffentlicht („Sustaining Safe Space Mentalities“), das zur Nachlese einlädt.
An den Wiener Volkshochschulen fließen die Ergebnisse des Projekts aktuell in die Gestaltung (und Moderation) neuer, offener (Lern- und Aufenthalts-)Räume an der VHS Favoriten ein.
Was sind „safe spaces“?
Im Rahmen unseres Projekts fand zunächst eine Debatte über das Konzept von „safe spaces“ für die Erwachsenenbildung anhand eines gemeinsamen Dokuments statt, zu dem alle Partner Ideen und Konzepte beisteuerten, entweder aus ihrer eigenen Erfahrung oder aus der Literatur. Daraufhin wurde eine Reihe von Fragen entwickelt und von der Partnerschaft für Fokusgruppen diskutiert, die wiederum in allen Partnereinrichtungen mit Blick auf zwei Gruppen durchgeführt wurden: Lernende und Lehrende.
Aus der Diskussion und den Interviews entwickelte die Projektgruppe eine Beschreibung für „safe spaces“, die den weiteren Arbeiten zugrunde gelegt wurde:
„A safe space is a space which, either technically or emotionally, is meant to provide equal opportunities, representation and communication outlets for marginalised groups or persons in an environment of respect and understanding that eliminate oppressive behaviours, recognises struggle and cultivates dialogue.“ (Vgl. https://www.safespacesale.eu/).
Wir verstehen „safe spaces“1 demnach als Orte bzw. Räume (im weiteren Sinne, einschließlich virtueller Räume), an denen Menschen ihre eigene Meinung frei äußern können, ohne stigmatisiert zu werden. „Safe spaces“ zeichnen sich durch Vertrauen in die Menschen, denen man* dort begegnet, aus, und sie sind möglichst frei von formaler und externer Bewertung. Für Lernende können Lernräume „safe“ sein, wenn sie sicher sein können, Struktur, Abläufe und Ziele der dortigen Bildungsangebote zu kennen. Manche Klassenzimmer mögen sichere Räume sein. Bell hooks (vgl. hooks: 1994) weist jedoch darauf hin, dass sich viele Schüler*innen, insbesondere PoC2, in einer scheinbar neutralen Umgebung nicht sicher fühlen, selbst wenn es keine ausdrücklichen Anfeindungen oder Diskriminierung gibt. Daher sollten sichere Räume nicht durch statische und kontextabhängige Begriffe wie „sicher“ oder „unsicher“ verstanden werden, sondern vielmehr ihre Herstellung und Gestaltung. Die Menschen in den „safe spaces“ sind aber jedenfalls immer beteiligt an der Gestaltung derselben – nicht wir Erwachsenenbildner*innen können für bestimmte Gruppen „safe spaces“ kreieren. In diesem Sinne sind diejenigen, die „safe spaces“ gestalten auch diejenigen, die sie als Räume des Zusammenseins und Räume zum Austausch (Erfahrungen mit Marginalisierung bzw. Privilegierung, soziales und politisches Engagement gegen Formen von Unterdrückung) aufrechterhalten.
Wichtig ist, dass „safe spaces“ nicht geografisch abgegrenzt sein müssen, sondern sich auch auf Online-Gemeinschaften oder Menschen erstrecken können. Ausgehend von dieser Vorstellung ist eine Diskussion über die wesentlichen Elemente einer offenen Gesellschaft der Schlüssel zur Schaffung wirklich sicherer und integrativer Räume. Ein „safe space“, wie von bell hooks angedeutet, kann nur dann wirklich sicher sein, wenn er Kämpfe und Privilegien der Menschen anerkennt, die sich in diesem Raum bewegen. Diese Klarstellung ist wichtig, um einen „safe space“ nicht als Gedankengefängnis zu betrachten, das Erfahrungen kontrolliert, sondern ein mögliches Ende von Ausgrenzung darstellt. Offenheit ist ein Schlüsselaspekt bei der Konstruktion von „safe spaces“, da sie sich in ihrer Gesamtheit auf den Kampf gegen Ausgrenzung konzentrieren, die vielschichtig ist und soziale, wirtschaftliche und politische Marginalisierung umfasst (vgl. Silver: 1994).
In der ersten Veröffentlichung der Projektgruppe wird ein Überblick über die interne Diskussion um „safe spaces“ gegeben und anschließend werden die Inhalte der Fokusgruppen bzw. Interviews vorgestellt. Die Gruppe einigte sich auf eine allgemeine Struktur für die Datenanalyse, die auf fünf sehr einfachen Fragen basiert:
Das Warum?, das Was?, das Wer?, das Wo? und das Wie?
Das „Warum“ bezieht sich auf die Frage „Warum brauchen wir sichere Räume?“, sowohl als Erwachsenenbildner*innen als auch als Lernende. Hier sind Gründe aus dem täglichen Leben der Lernenden thematisiert, aber auch die Schwierigkeiten, mit denen Erwachsenenbildner*innen konfrontiert sind, wenn sie Macht abgeben und ihre traditionellen Rollen ändern müssen. Das „Was“ besteht darin, was einen sicheren Raum ausmacht; ob es sich um einen realen Raum, einen virtuellen Raum oder eine besondere Art von Beziehung innerhalb der Gruppe und ihren Begleiter*innen handelt. Das „Wer“ befasst sich mit der Frage, wer „safe spaces“ braucht, und das „Wo“ mit den Orten, an denen sich „safe spaces“ befinden (können). Hier geht es um reale Räume und ihre Lage. Das „Wie“ schließlich bezieht sich auf die pädagogische Arbeit in „safe spaces“. Es stellt sich die Frage: Wie können und sollten wir als Erwachsenenbildner*innen in diesen sicheren Räumen handeln? Das „Wer“ stellt auch die Frage, wer entscheidet, was ein sicherer Raum ist und für wen, und wer das Recht hat, die Sicherheit eines bestimmten Raums zu bestimmen.
„Zentrale Erkenntnis“ für alle aufgeworfenen Kategorien war, dass es kein „Entweder-oder“ für die Beschreibung von „safe spaces“ gibt, sondern dass diese immer der Diskussion und der Verhandlung bedürfen bzw. dass Transparenz über die ausverhandelten Inhalte (und Grenzen) von „safe spaces“ zentral für diese selbst sind.
Mit den Erkenntnissen aus den Interviews und Gesprächen wurde auch klar(er), dass sich das (Spiel)Ziel unseres Brettspiels um die Schaffung eines Vertrags zwischen den Spieler*innen und ihrer Identität, ihrer Lerngemeinschaft und der Gesellschaften drehen müsste.
Das S.A.F.E.-Brettspiel – direkte demokratische Prozesse und „safe spaces“
Infobox – das Brettspiel
Das SAFE-Brettspiel ist ein interaktives Lerninstrument für bis zu acht Spieler*innen (und eine/n Spielleiter*in), das Diskussionen über „safe spaces“ und über Privilegien in Lernumgebungen und sozialen Situationen anregen will. Durch vertraute Spielprinzipien und die Methode des Rollenspiels werden die Spieler*innen eingeladen, verschiedene Herausforderungen zu erkunden und gemeinsam Strategien zu deren Bewältigung zu entwickeln.
Die Spieler*innen arbeiten während des gesamten Spiels als Team. Am Ende des Spiels werden sie einen gemeinsamen „Sozialvertrag“ entwickelt haben, den sie auf ihr (reales) Lernumfeld anwenden können.
Zu Beginn des Spiels setzen alle Beteiligten ihren Charakter aus verschiedenen Eigenschaften zusammen (per Würfelwurf oder durch persönliche Auswahl) und begegnen dann im Spielverlauf unterschiedlichen „Herausforderungen“, die jeweils einen oder mehrere von ihnen betreffen können. Alle betroffenen Spieler*innen müssen zurückbleiben und können nicht mit dem Rest der Gruppe weiterziehen. Um die betroffenen Spieler*innen wieder mit der Gruppe zu vereinen, müssen sich die Spieler*innen ein „Werkzeug“ sichern, mit dem sie eine Diskussion beginnen und die beste Lösung finden können, um alle Spieler*innen wieder zusammenzubringen.
In diesem Verlauf haben die Spieler*innen auch Gelegenheit, zu entscheiden ob bestimmte Aussagen für ihre Gruppe sinnvoll und vorteilhaft sind und ob sie ihnen helfen, einen sicheren Raum unter ihnen zu schaffen. Nachdem sie die Aussage diskutiert haben, müssen sie entscheiden, ob sie sie zu ihrem aktiven Sozialvertragsstapel hinzufügen oder ablegen wollen. So entsteht ein „Vertrag“ aus den Karten, der der Gruppe auch nach dem Spiel zur Verfügung steht.
Abbildung: Die Elemente des S.A.F.E.-Brettspiels
Die direkte Demokratie und Beteiligung ist der Kern des Konzepts der „safe spaces“, wie wir es hier verstehen. Denn die Kraft des demokratischen Prozesses geht von der direkten Beteiligung der Menschen aus und beinhaltet auf die eine oder andere Weise die Mitgestaltung eines Gesellschaftsvertrags, der sich auf die Erfahrungen einer bestimmten Gruppe von Menschen, ihre tatsächlichen Erfahrungen und Meinungen sowie ihre umfassenden Bedürfnisse bezieht. Mit einem demokratischen und sozialkonstruktivistischen Ansatz zur Thematisierung der Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden sowie zwischen Lernenden und Lernenden wird spielerisch eine Möglichkeit geschaffen, Machtdynamiken, sichere und unsichere Elemente des Zusammenseins, Kämpfe gegen und Sensibilisierung für Mehrfachdiskriminierung zu erkennen und eine Reflexion darüber anzustoßen. Das SAFE-Brettspiel wurde in erster Linie entwickelt, um das Verständnis der Lernenden und Lehrenden für wesentliche Faktoren von Zusammenarbeit und Zusammenleben zu erleichtern, und soll erleichtern, die Herstellung eines sicheren und direkt demokratischen Umfelds zu thematisieren und zu garantieren.
Mit dem S.A.F.E.-Brettspiel versuchen wir, die Bedeutung der Schaffung von „safe spaces“ für die Erwachsenenbildung und die Gesellschaft hervorzuheben. Der Prozess der Entwicklung der Regeln und Funktionsweisen unseres Brettspiels war recht turbulent, da die Fülle der Ideen ständig neue Bedürfnisse und Ansätze für Spiel hervorbrachte.
In der ersten Phase der Entwicklung und Erprobung unseres Brettspielentwurfs wollten wir den Inhalt formulieren und herausfinden, ob die Spielweise funktionieren würde. Wir haben die Beteiligung heterogener Gruppen von erwachsenen Lernenden, Erwachsenenbildner*innen und politischen Entscheidungsträger*innen erreicht. Dieses kollektive Engagement steht im Einklang mit den Erkenntnissen von bell hooks, die die zentrale Bedeutung von inklusiver Bildung und kritischem Diskurs bei der Auseinandersetzung mit Privilegien und Unterdrückung hervorhebt. Der Bezug zu Theorien von bell hooks in den Rahmen unserer Erprobungsphase bietet eine analytische Linse, durch die wir die Wirksamkeit unseres Brettspiels als Instrument transformativer Pädagogik bewerten können. Bell hooks plädiert für ein Bildungsparadigma, das vorherrschende Vorurteile und eingefahrene Machtsysteme in Frage stellt. In diesem Zusammenhang diente unser Brettspiel effektiv als Kanal für einen offenen Dialog und bot den Teilnehmer*innen die Möglichkeit, sich mit ihren persönlichen Erzählungen über Privilegien und Benachteiligungen auseinanderzusetzen. Dies schafft einen Kontext, der zur Selbstbeobachtung und kritischen Selbstprüfung anregt.
Darüber hinaus haben wir gesehen, dass das Brettspiel auch Dialoge über systemische Marginalisierung und normalisierte Unterdrückung fördert. Auch wenn solche Diskussionen unvorhergesehen waren, sind sie ein Hinweis auf das transformierende Potenzial von Erwachsenenbildung. Das Spiel fungierte als Schmelztiegel, indem die Teilnehmer*innen nicht nur in der Lage waren, diese soziostrukturellen Phänomene zu benennen, sondern auch gemeinsam Anstrengungen unternehmen, um sie zu beseitigen.
In den abschließenden Diskussionen der Pilotphase konzentrierte sich unsere Überlegungen darauf, Wege zur Verbesserung der Spielweise, des Inhalts und des übergreifenden pädagogischen Nutzens des Brettspiels zu finden. Dieser methodische Ansatz ist kongruent mit dem Prinzip des Dialogs und des kooperativen Lernens als grundlegende Elemente des pädagogischen Prozesses. Durch die aktive Beteiligung der Teilnehmer*innen an der laufenden Entwicklung des Spiels verkörperten wir die direktdemokratischen und partizipatorischen Prinzipien, die wir von Anfang an in unserem Vorhaben eingeschrieben hatten.
Das S.A.F.E.-Brettspiel wird weiterentwickelt, wobei wir uns von den wertvollen Rückmeldungen aus der Pilotphase leiten lassen. Es ist ein Hinweis für das Potenzial einer transformativen Pädagogik und für die Unterbrechung der vorherrschenden Diskurse in der Erwachsenenbildung. Die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit des Spiels erhöhen seinen Wert als Bildungsinstrument noch weiter.
Das SAFE-Brettspiel kann online gespielt werden und sämtliche Spielunterlagen stehen zum Download zur Verfügung. Es wird zudem demnächst in der deutschen Übersetzung in einer etwas größeren Auflage zur Verfügung stehen. Bei Interesse schicken sie bitte eine E-Mail an: lernraum@vhs.at
Policy Paper
Basierend auf unseren Erkenntnissen und Prozessen haben wir das Brettspiel fertiggestellt und eine Reihe von Impulsen und politischen Empfehlungen auf verschiedenen Ebenen der Praxis formuliert („SAFE Policy Paper“). In dieser abschließenden Veröffentlichung des Projekts arbeiteten wir erfahrungsorientiert und formulierten die sozialen Aufforderungen durch die Erfahrungen der Projektpartner*innen und die offensichtlichsten Themen rund um „safe spaces“, wobei wir hervorhoben, dass Sicherheit und Raum sich vom realen Raum auf den Online-Raum und die Haltung bei der Schaffung und Suche nach Sicherheit erstrecken.
Im „SAFE Policy Paper“ sind unsere Forschungen und Erfahrungen in drei verschiedenen kurzen Kapiteln beschrieben, um weitere Überlegungen im Kontext von Lerngemeinschaften, politischen Diskussionen und multidisziplinären Entwicklungen zu fördern: Im ersten Kapitel erörtern wir kurz das Konzept der „safe spaces“, wie es im Rahmen des Projektkonsortiums verstanden, diskutiert und weiterentwickelt wurde. Im zweiten Kapitel stellen wir soziale Fragen, über die die Gemeinschaft der Erwachsenenbildung als integraler Bestandteil der Gesellschaft im Allgemeinen nachdenken und Maßnahmen ergreifen kann. Im dritten Kapitel stellen wir eine Reihe von politischen Empfehlungen vor, die in drei Ebenen gegliedert sind: a) transnationale Politiken, b) nationale Politiken und c) lokale Politiken. Im Anschluss vertiefen wir unsere Überlegungen zu den bestehenden Politiken in Bezug auf sichere Räume, offene Räume, öffentlichen Raum, Partizipation und die Stimmen der Lernenden in den Partnerländern.
Offene, sichere (Lern)Räume an der Volkshochschule schaffen
Das Projekt „SAFE – Safe Spaces For Learning“ wurde mehrfach im Kontext der Volkshochschulen und darüber hinaus vorgestellt. Das Wissen über bzw. die Auseinandersetzung mit „safe spaces“ ist in der Erwachsenenbildung nicht neu und kann gewissermaßen als Querschnittmaterie betrachtet werden, doch möchten wir hier noch ein konkretes, aktuelles Vorhaben beschreiben, das aktuell an der VHS Favoriten in Wien durchgeführt wird:
In der Volkshochschule Favoriten gibt es zahlreiche offene Räume bzw. freie Flächen, die in der jüngeren Vergangenheit von den Teilnehmer*innen wenig genutzt wurden und umgekehrt zunehmend zu einer Abstellfläche für Tische, Sessel, Reinigungsgerät etc. wurden. Gleichzeitig konnten wir immer wieder Menschen beobachten, die dort Platz nahmen zum Telefonieren, zum Plaudern, zum Essen oder auch nur zum Sich-Aufwärmen. Teil dieser offenen Flächen stellt das ehemalige „Buffet“ dar, ein Raum, der nicht mehr bewirtschaftet wird und damit auch etwas verwaist und nicht besonders einladend wirkt.
Auf Initiative der Geschäftsführung wurden im vergangenen Jahr in Kooperation mit „Die Berater“ Automaten aufgestellt, die einen Ersatz für das Buffet darstellen sollen und eine Möglichkeit bieten, in der Volkshochschule Essen und Getränke zu kaufen. Da auch gekochte Gerichte in den Automaten zur Verfügung stehen und die Menschen eine Möglichkeit brauchen, diese aufzuwärmen, wurde hier eine Möglichkeit geschaffen und in einem noch nicht beendeten Prozess wurden/werden die freien Flächen im Erdgeschoß und ersten Stock der Volkshochschule am Arthaberplatz neu nutzbar gemacht und sollen „safe spaces“ für ihre Benutzer*innen darstellen. Mit finanzieller Unterstützung der Geschäftsführung für Möbel und Ausstattung wird nun ein langgehegter Wunsch an der VHS Favoriten realisiert, ihre Lerner*innen bzw. Besucher*innen zum Verweilen einzuladen bzw. dieses Verweilen angenehm zu gestalten. Viele der Teilnehmer*innen sind junge Erwachsene, die sich mehr als einen halben Tag in der VHS aufhalten. Da es sich um keine Klassenräume oder moderierten Gruppen im engeren Sinn handelt, sondern um offene und öffentlich zugängliche Flächen im Haus, war es besonders wichtig, diese einladend „für alle“ zu gestalten und gleichzeitig mittels Beschriftungen bzw. Piktogrammen die Nutzbarkeit und Regeln klar zu kommunizieren. Die Ergebnisse über das „Was?“, das „Wer?“, das „Wo?“ und das „Wie?“, die im Projekt gesammelt wurden, fließen in die Überlegungen zur Gestaltung und Moderation der Räume ein. Aktuell wurden vier „Räume“ eingerichtet und für eine bestimmte Nutzung vorgesehen, womit wir erreichen möchten, dass sich jene Menschen mit (aktuell) gemeinsamen Interessen und Bedürfnissen zusammenfinden können und einen Raum für sich haben. Es sind keine „safe spaces“ für bestimmte Gruppen und werden daher auch nicht so ausgeschrieben oder beschildert, aber die Intention der VHS ist natürlich, die Orte/Räume „safe“ zu machen und auch Verantwortung für die Prozesse zu übernehmen, die dort ablaufen. Wir sind überzeugt davon (und wissen auch aus den in der Virtual Library gesammelten Projekten), dass gerade in dieser Offenheit großes Potenzial liegt, und gehen stark davon aus, dass in den Räumen Lernen stattfindet, auch wenn es nicht unmittelbar von der VHS initiiert oder moderiert wird.
Folgende „Räume“ (oder: Bereiche, Zonen, Plätze) entstehen gerade an der Volkshochschule, sie werden mit neuen Möbeln zweckmäßig ausgestattet und so beschriftet, dass möglichst klar ist, was dort (nicht) getan werden kann. (Stichwort: einfache Sprache, Mehrsprachigkeit).
„Lesen/Ruhe“: In einem Bereich, der durch einen Raumteiler mit Regal getrennt vom „Unterhaltungsbereich“ ist, wurden Sofas aufgestellt und ein offener Bücherschrank eingerichtet. Nutzer*innen werden gebeten, in diesem Bereich nicht zu essen oder zu trinken und sich eher ruhig zu verhalten; der Bereich soll als Rückzugs- und Ruheort dienen. Aktuell beobachten wir hier Menschen, die Kopfhörer aufhaben oder lesen oder auch mit geschlossenen Augen sitzen und möglicherweise die Zeit vor dem Kurs für ein Nickerchen nutzen.
„Essen/Unterhaltung“: Im ehemaligen Buffetbereich wurden die früheren kleinen Tischchen durch drei größere Tische ersetzt, an denen sich mehrere Menschen zusammensetzen können. Sie sollen zur Unterhaltung und zur Begegnung einladen. Es gibt eine frei zugängliche Mikrowelle, die zum Aufwärmen von Essen aus dem Automaten oder von mitgebrachten Speisen genutzt werden kann, einen Wasserkocher (und kostenloser Tee) sowie Gläser, Tassen, Teller und Besteck zur freien Verfügung. Die Nutzer*innen sind gebeten, ihren Müll zu entsorgen und benutztes Geschirr in einen ebenfalls vorhandenen Geschirrspüler zu räumen. In diesem Bereich wird regelmäßig Schach gespielt und seit wenigen Wochen finden regelmäßig die (offenen) Treffen der Themenbotschafter*innen für Basisbildung (aus dem Projekt „Sichtbar!“) statt. Neben den Schachbrettern könnte zukünftig auch das S.A.F.E.-Brettspiel dort verfügbar sein und gespielt werden.
„Eltern/Kinder-Spielecke“: Im Eingangsbereich, der Vorhalle der Volkshochschule wurden bequeme Sitzgelegenheiten aufgestellt, ein Spielbereich für kleine Kinder (Teppich, Tisch, Spiele) wird eingerichtet und soll einerseits Eltern zur Verfügung stehen, die z. B. auf ihre größeren Kinder warten, welche die Angebote der Gratis-Lernhilfe (Lernförderung 2.0) in Anspruch nehmen. Andererseits könnten auch Eltern und Kinder des neben der VHS liegenden Spielplatzes im Arthaberpark den Ort entdecken, sich am Automaten mit Kaffee, Getränken und Snacks versorgen und damit die VHS als einen Platz kennen lernen, der einlädt.
Die VHS Favoriten ist ein großes, rechteckiges Haus mitten am Arthaberplatz – rückseitig in den Park gerichtet, der Eingang befindet sich auf der Vorderseite. In seiner Größe wirkt das Bildungshaus („die Schule“) nicht unmittelbar einladend oder „niederschwellig“, hier könnten nun die großen Glasfronten und die Einsichtigkeit der offenen Bereiche im Erdgeschoß eine Chance darstellen, dass Menschen im Park oder aus der Umgebung die VHS als einen Ort der Begegnung und des Miteinanders wahrnehmen und zu nutzen beginnen. Zusätzlich zur direkten Sichtbarkeit der Räume wurden Infos und Hinweisschilder angebracht, die nach außen gerichtet sind und Menschen, die sich vom Park dem Gebäude nähern, einladen sollen (wie z. B. Infos über ein regelmäßig stattfindendes Schachtreffen im Haus oder ein „Willkommen-Schild“ in mehreren Sprachen).
„Lernen/Ruhe“: Eine große Errungenschaft sind sechs frei zugängliche Computerarbeitsplätze, die im ersten Stock der VHS eingerichtet werden und – vor allem den Kursteilnehmer*innen außerhalb der Kurszeiten – zur Verfügung stehen. Auch in diesem Bereich gibt es daneben noch einen offenen Bücherschrank (hier vorwiegend Lehr-/Lernmaterialien) und Sitzplätze, die Menschen dazu einladen, sich allein oder miteinander mit Lerninhalten aus den Kursen oder selbst gewählten Themen zu beschäftigen.
Wie zu erwarten war, hat allein die neue, freundliche Gestaltung der Räume dazu geführt, dass diese aktiv von den Teilnehmer*innen der Kurse genutzt werden. Fast immer sind in den einzelnen Bereichen Menschen anzutreffen, die sich unterhalten oder sie allein nutzen. Sie haben bereits jetzt die Möglichkeit, ihr Feedback zu den Räumen anonym in einem Online-Formular zu hinterlassen (dafür liegen QR-Codes auf) – 2024 möchten wir die Aktivitäten in den offenen Räumen nun gezielt beobachten und die Nutzer*innen darüber befragen, warum und wofür sie die neuen Angebote nutzen, um diese weiterzuentwickeln und den Besucher*innen der VHS offene, sichere Lern- und Begegnungsorte zur Verfügung stellen zu können.
Fazit
Eine Absicht des SAFE-Projekts ist es, die Überzeugung zu vertiefen, dass unsere Gesellschaften von uns allen geformt werden, dass also alle einen Raum dafür erhalten müssen oder beanspruchen können. Das Konzept von „safe spaces“ ist zutiefst sozial und politisch, es steht im Zusammenhang mit der Diskussion über Privilegien und Kämpfe gegen Diskriminierungen (in der Erwachsenenbildung und) in unserer Gesellschaft.
Als Erwachsenenbildner*innen bzw. Einrichtungen der Erwachsenenbildung haben wir die Pflicht, über die Art und Weise und die Beweggründe unseres Handelns nachzudenken. Wir müssen Kreisläufe von Vorurteilen, Unterdrückung und Diskriminierung durchbrechen und erkennen, dass sichere, offene und einladende Räume mächtig und wichtig sind.
Dank
Das Projekt „SAFE – Safe Spaces For Learning“ wurde aus Mitteln des Programms Erasmus+ finanziert. Für die Gestaltung und Einrichtung der „safe spaces“ an der VHS Favoriten wurden finanzielle Mittel von der VHS Geschäftsführung zur Verfügung gestellt.
Ohne die finanzielle Unterstützung wäre die Verwirklichung des Projekts nicht möglich gewesen. Mit der Finanzierung wurden nicht nur die notwendigen Mittel bereitgestellt, sondern es konnten auch wertvolle Kooperationen eingegangen werden, die die Qualität von Bildung und Forschung verbessern. //
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