Erwachsenenbildung kann wichtige Beiträge zur Demokratieentwicklung und Integration leisten. Die neuen Möglichkeiten der Mitgestaltung und des politischen Handelns stehen vielen Erwachsenen nicht offen. Menschen mit Grundbildungsbedarf sind deutlich misstrauischer gegenüber Institutionen als jene ohne Grundbildungsbedarf und sie schätzen den eigenen Handlungsspielraum deutlich geringer ein. Demokratie und europäische Werte wie Humanismus und Toleranz sind heute keine Selbstverständlichkeit mehr, sie müssen ständig neu gelernt werden. Daher fordert die KEBÖ:
- ein Demokratiepaket für die Erwachsenenbildung.
Die gegenwärtigen Rahmenbedingungen lassen die in der LLL:2020-Strategie anvisierte Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung auf 20 Prozent (Life Long Learning Index) bis zum Jahr 2020 unrealistisch erscheinen. Die in den Jahresverläufen definierten Zielwerte werden bereits jetzt nicht erreicht (Werte 2014: Ist 14,2 Prozent – Soll 16,2 Prozent). Die KEBÖ fordert daher:
- eine ergebnisorientierte Weiterführung der „LLL:2020-Strategie“ – als Strategie zum lebensbegleitenden Lernen in Österreich;
- Vorsorge für nötige Mittel zur Umsetzung von Programmen und Projekten im Rahmen dieser Strategie;
- Erhöhung der Mittel für die Leistungsvereinbarungen ab 2016 um zumindest neun Prozent;
- schrittweise, jedoch substanzielle Anhebung der Bundesmittel für die Erwachsenenbildung auf ein Prozent des BIP.
Für die Wirksamkeit der Erwachsenenbildung braucht es auch ExpertInnen mit aktuellem Praxis-Know-how. Die überwiegende Zahl an Lehrenden in der Erwachsenenbildung geht ihrer Tätigkeit nebenberuflich nach. Daher fordert die KEBÖ:
- gesetzliche Rahmenbedingungen, die Lehre und Lernbegleitung in der Erwachsenenbildung zu fairen Bedingungen für alle Beteiligten ermöglicht.
Die im Zuge der aktuellen Steuerreform gesetzten Maßnahmen wie die Streichung der Anreizsysteme für Weiterbildungen leisten jedenfalls keine Unterstützung für die in der LLL:2020-Strategie genannten Ziele der Bundesregierung. Ebenso kontraproduktiv ist die Kürzung der Mittel für Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Die KEBÖ fordert daher:
- die Weiterführung der Anreizsysteme für Weiterbildung, wie Bildungsfreibetrag, Bildungsprämie für Unternehmen;
- die Weiterführung der aktiven Arbeitsmarktpolitik;
- die Priorisierung der Qualifizierungsförderung zur Stärkung der Mobilität am Arbeitsmarkt;
- die Ausweitung der Individualförderung des Arbeitsmarktservice.
Um die Durchlässigkeit im österreichischen Bildungssystem zu sichern und zu verbessern, fordert die Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs gesetzliche Maßnahmen im Rahmen des Zweiten Bildungsweges und für die Vergabe von staatlich anerkannten Zertifikaten und Diplomen:
- Schaffung eines bundesweit gültigen gesetzlichen Rahmens für die Studienberechtigungsprüfung;
- Übertragung der gesamten Prüfungskompetenz an anerkannte Erwachsenenbildungsinstitute bei der Pflichtschulabschluss- und Berufsreifeprüfung unter Wahrung einheitlicher Qualitätsstandards;
- Schaffung einer gesetzlichen Basis zur Vergabe staatlicher Zertifikate und Diplome durch das Bundesinstitut für Erwachsenenbildung.
Die offene Zugänglichkeit zum Erwachsenenlernen angesichts der zunehmenden Digitalisierung macht Änderungen bzw. Ergänzungen im Urheberrecht notwendig und erfordert einen weiteren Ausbau des Breitband-Internets. Die KEBÖ fordert daher:
- ein präzises Urheberrecht, das es den öffentlich zugänglichen Bibliotheken erlaubt – wie bei gedruckten Büchern – uneingeschränkt E-Books zu kaufen, zu verleihen und dafür den AutorInnen eine angemessene Vergütung zu erstatten;
- die Verwendung von Digitalisaten im Bereich von Unterricht und Forschung auf eine sichere rechtliche Basis zu stellen;
- den flächendeckenden Ausbau des Breitband-Internets im ländlichen Raum.
Die Professionalisierung ist ein wichtiger Bestandteil der Weiterentwicklung der Qualität. Das „Kooperative System der österreichischen Erwachsenenbildung“ führt die Weiterbildungsakademie Österreich (wba) und trägt damit entscheidend zur Professionalisierung und Qualitätsverbesserung bei. Um die Professionalisierung weiter voranzutreiben, fordert die KEBÖ:
- eine Weiterbildungsinitiative für die pädagogischen MitarbeiterInnen und Lehrenden in der Erwachsenenbildung und die Unterstützung dieser Personengruppe zur Erlangung der wba-Abschlüsse.
Der Nationale Qualifikationsrahmen (NQR) soll auf der Basis von Lernergebnissen Qualifikationen vergleichbar machen und zur Verbesserung der Durchlässigkeit im österreichischen Bildungssystem beitragen. Dazu sind Teilqualifikationen und Qualifikationen, die im Rahmen der Erwachsenenbildung erworben werden können, im NQR zu berücksichtigen. Die KEBÖ fordert daher:
- eine stärkere Integration der Erwachsenenbildung beim Aufbau des Nationalen Qualifikationsrahmens.
Die in der Konferenz der Erwachsenenbildung vertretenen Institutionen sind österreichweit verankert und verfügen über eine große Nähe zu den BürgerInnen sowie zu den Unternehmen. Mit ihrem breiten und inhaltlich sehr differenzierten Programm gelingt es ihnen, die Menschen in ihren jeweiligen Lebensphasen bei ihren Interessen und Bedarfen anzusprechen.
Beim Erwachsenenlernen spielt die eigene Motivation eine entscheidende Rolle. Um ein nachhaltiges lebensbegleitendes Lernen zu ermöglichen, ist eine Interesse-geleitete Erwachsenenbildung bestmöglich zu unterstützen. //
21. September 2015, Gerhard Bisovsky
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