Es ist die Aufgabe der Volkshochschulen, allen Menschen einen Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Diese Bildung soll leistbar sein und gleichzeitig von guter Qualität sein. Die vielen Angebote der Volkshochschulen können daher auch von Menschen mit Behinderung besucht werden. Einige Volkshochschulen haben sich darauf spezialisiert, Bildung für Menschen mit Behinderung anzubieten. Eine dieser Volkshochschulen ist die Volkshochschule Meidling in Wien.
Ein sehr wichtiges Thema für die 1996 neu gegründete Volkshochschule war, alle Menschen dabei zu unterstützen, ihre Chancen wahrzunehmen. Daher haben sich die Verantwortlichen der Volkshochschulen schon sehr bald mit dem Thema Behinderung befasst. Um Leute mit Behinderung zu erreichen, sind allerdings Kooperationen besonders wichtig. Mit dem ebenfalls neu gegründeten Verein „biv-integrativ“ konnte dann ab dem Frühjahr 1997 das Bildungsprogramm für Menschen mit Behinderung umgesetzt werden.
Die Themen dieser Bildungsangebote sind Lesen, Schreiben, Rechnen, Computer und Internet. Mit dieser Grundbildung wird das vermittelt, was heute und morgen für den Alltag und für den Beruf wichtig ist. Die Menschen sollen verstehen können, was sich alles um sie herum tut. Und sie sollen auch in die Lage versetzt werden, in Medien und in der Öffentlichkeit ihre Meinung kundzutun und selbständig entscheiden zu können, wem sie ihre Stimme bei Wahlen geben. Weiters werden Themen wie Gesundheit aber auch Freizeitgestaltung oder persönliches Verhalten in eigenen Bildungseinheiten angesprochen.
Diese Bildungsangebote bestehen aus Einheiten, die an einem Wochentag zwei bis drei Stunden dauern. Je nach Thema werden sie über drei bis vier Wochen durchgeführt. Die Kurse für Menschen mit Behinderung haben eine besondere Qualität. Denn zwei Lehrende unterrichten in den Kursen und eine eigene Assistenzkraft unterstützt die Menschen mit Behinderung. Und der Unterricht erfolgt in Kleingruppen bis zu höchstens acht Personen.
An der Verbesserung der Qualität wurde und wird laufend gearbeitet. Seit 2003 bildet biv-integrativ Erwachsenenbildner*innen für Menschen mit Behinderung und integrative Gruppen am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung aus.
2017 wurde auf Initiative des neuen Direktors der Volkshochschule, Walter Schuster, ein Lernfest eingeführt. Das Lernfest findet seitdem jedes Jahr statt und es beinhaltet Schnupperkurse sowie Bildungsberatung. So können sich Interessierte ein erstes Bild machen, was sie in den Kursen erwartet.
2018 hat biv-integrativ ein neues Ausbildungsprojekt gestartet. Menschen mit Behinderung wurden zu Kursassistent*innen ausgebildet. Von den ersten sechs Absolvent*innen sind bereits drei in Kursen für Menschen mit Behinderung tätig.
Seit 1997, also seit 25 Jahren, werden diese Kurse für Menschen mit Behinderung an den Wiener Volkshochschulen angeboten. Da das Programm immer mehr nachgefragt wurde, gab es bald weitere Kurse an der Volkshochschule Hernals. Im Jahr 2020 wurde dann das Kursangebot auf die Volkshochschule Floridsdorf ausgeweitet und im Jahr 2021 auch auf die Volkshochschule Simmering.
Der große Erfolg der Kurse für Menschen mit Behinderung bewirkte weitere Bildungsangebote und Projekte für Menschen mit Behinderung. Im Jahre 1998 wurde das Projekt „VHS integrativ – Assistenz für Menschen mit Behinderung an Wiener Volkshochschulen“ von der Österreichischen Nationalbank gefördert und von biv-integrativ mit mehreren Volkshochschulen durchgeführt. In diesem Projekt wurden neue Möglichkeiten der Unterstützung von Menschen mit Behinderung in Volkshochschulen erarbeitet.
Von 1998 bis 1999 wurden die Kurse für Menschen mit Behinderung durch Mittel aus einem EU-Programm unterstützt. In einem Forschungsbericht mit dem Titel „Lernen können alle Leut’ – Bedarfsorientierte Erwachsenenbildung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung“ wurden die Ergebnisse beschrieben.
Von 2000 bis 2001 wurde das Projekt „Office Assistant“ der Volkshochschule Meidling von der Europäischen Union und vom Bundessozialamt unterstützt und es wurden Berufsfelder für Menschen mit Behinderung entwickelt und getestet.
Ein weiteres Projekt wurde von 2001 bis 2004 von der Europäischen Union gefördert: „mobile – Modelle der Bildung und des Lernens für Menschen mit Behinderung“. Der Verein biv-integrativ und die Volkshochschule Meidling haben gemeinsam mit sechs Partnern aus europäischen Ländern an der Entwicklung von Lehrmaterialien gearbeitet. Eines der Themen der Lehrmaterialien war der Umgang mit Geld.
Die erfolgreiche Zusammenarbeit der Volkshochschule mit biv-integrativ seit 25 Jahren hat viele Entwicklungen mit sich gebracht. Es ist gelungen, Menschen mit Behinderung durch ein eigens für sie entwickeltes Bildungsangebot einen besseren Zugang zum lebensbegleitenden Lernen zu ermöglichen. //
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