Zusammenleben aktiv gestalten
Themenschwerpunkt des Erwachsenenbildungsforum Oberösterreich

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Im Mai 2016 veröffentlichte der Österreichische Integrationsfond die Ergebnisse des Integrationsbarometers, einer Befragung 1.000 österreichischer StaatsbürgerInnen zu ihrer Einschätzung des Zusammenlebens von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund sowie von MuslimInnen und Nicht-MuslimInnen. 51 Prozent der Befragten beurteilten das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund als sehr oder eher gut. Als größter Problembereich wurde von den Befragten der Zusammenhang mit der Integration von Flüchtlingen gesehen, die Geringschätzung bzw. Gewaltbereitschaft einiger muslimischer Flüchtlinge gegenüber Frauen (51 Prozent), die schwierige Arbeitsplatzsuche für Flüchtlinge (50 Prozent), die Belastung des österreichischen Sozialsystems durch Flüchtlinge (49 Prozent) sowie die Gefahr durch religiösen Fanatismus und Terror (48 Prozent). (Vgl. https://www.integrationsfonds.at/publikationen/integrationsbarometer/ [1.6.2018]).

Die Ergebnisse des Integrationsbarometers spiegelten die Ängste und Unsicherheiten unserer Bevölkerung wider. Diese gesellschaftspolitische Situation war Anlass für das Erwachsenenbildungsforum Oberösterreich, sich dem Thema Integration zu widmen und startete daher im September 2016 den zweijährigen Themenschwerpunkt „Zusammenleben aktiv gestalten“. Die zentrale Fragestellung war „Wie können wir das gelingende Zusammenleben vor Ort aktiv gestalten?“ Zusätzlich zu den sprachlichen und beruflichen Erwachsenenbildungsangeboten für Flüchtlinge brauchte es Angebote, die ein friedliches Miteinander und ein vorurteilsfreies Zusammenleben fördern und Ängste sowie Unsicherheiten hinsichtlich der gemeinsamen Zukunft abbauen helfen. Alle EB-Forums Mitgliedseinrichtungen sowie Bibliotheken folgten der Einladung sich am Themenschwerpunkt zu beteiligen, und es wurden rund 300 Veranstaltungen mit etwa 15.000 TeilnehmerInnen in ganz Oberösterreich regional vor Ort durchgeführt: Informations- und Diskussionsveranstaltungen, die die Möglichkeit boten, sich über die Hintergründe der Zugewanderten, über die aktuellen gesellschaftspolitischen Auswirkungen der Asylpolitik, etc. zu informieren und die Gestaltung des Zusammenlebens zu diskutieren. Zusätzlich gab es eine Vielzahl von Begegnungs- und Kommunikationsangeboten, die den interkulturellen Dialog, das gegenseitige Kennenlernen und das Voneinander lernen als Ziel hatten.

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Führung durch die Synagoge Haus der Frau
Foto: Michaela Greil-MIG-Pictures

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Deutschlernen mit Ehrenamtlichen in der Bibliothek Kleinraming.
Foto: Bibliothek Kleinraming

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Internationales Brauchtumsfest Schloss Puchberg im Bildungshaus Schloss Puchberg, 10.9.2016
Foto: Bildungshaus Puchberg

Die Volkshochschule Oberösterreich beteiligte sich am Themenschwerpunkt des EB-Forum OÖ mit einer Reihe von Vorträgen, mit interkulturellen Minikursen sowie Workshops für KursleiterInnen.

Die Vortragsthemen sollten Hintergründe aufzeigen, warum Menschen flüchten müssen, wie Flüchtlinge unterstützt werden können, um möglichst rasch ein selbständiges Leben führen zu können.

Die VHS Steyr organisierte zwei besondere Vorträge: einen Vortrag mit dem Extremismusforscher Moussa al-Hassan Diaw zum Thema „Politischer Extremismus in unserer Gesellschaft – Was tun“. Diaw erläuterte die aktuelle Lage in Österreich und stellte die Präventions- und Interventionsarbeit in diesem Bereich vor und leitete einen zweiten Vortrag mit der Nahostexpertin Petra Ramsauer ein. Im Vortrag erzählte Frau Mag.a Ramsauer berührend ihre Erlebnisse aus dem Kriegsalltag und berichtete einfühlsam von all jenen, die in diesem schrecklichen Konflikt ums Überleben kämpfen.

Facebook-Kommentar einer Teilnehmerin:

Ein ausgezeichneter Vortrag von Mag.a Petra Ramsauer zur Situation in Syrien und überhaupt den Konflikten im Nahen Osten im MAW Steyr. Es ist eine verworrene Situation mit vielen unterschiedlichen Akteuren und Interessensgruppen.

Der spannende und trotz des ernsten Themas durchaus aufgelockerte Vortrag hat für mich so manches verständlicher gemacht. So stelle ich mir Geschichts- und Politikunterricht vor. Erzählt von einer Journalistin, die inmitten der Ereignisse des Krieges recherchiert und trotz tiefer Einblicke vieles immer noch zu verstehen versucht. Danke an die Vortragende und natürlich an die Veranstalter der VHS OÖ Monika Sträußlberger

https://www.facebook.com/petra.drewsmilalkovits/videos/vb.626297085/10155057201612086/?type=2&theater

In der VHS Gmunden fand ein Vortrag mit dem Migrationsbeauftragten des AMS, Herrn Sefa Yetkin, zum Thema Herausforderung und Chancen für den Arbeitsmarkt unter besonderer Berücksichtigung von Asylwerberinnen und Asylwerber statt. Dürfen Asylwerber arbeiten oder nicht? Das war die zentrale Fragestellung des Vortrages.

Herr Yetkin versuchte, durch das Erläutern der rechtlichen Rahmenbedingungen, der Zuständigkeiten des AMS und mit konkreten Beispielen für Arbeitsmöglichkeiten ein wenig Klarheit in diese zweifelsfrei verworrene Situation für Ehrenamtliche und FlüchtlingsbetreuerInnen zu bringen. Der Vortrag wurde in Kooperation mit dem Verein Frauen in Bewegung organisiert.

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Sefa Yetkin (AMS), Doris Hafellner (FIB), Eva Bruderhofer (VHS Gmunden).
Fotoquelle: VHS Gmunden

Die interkulturellen Minikurse stellten den interkulturellen Dialog, das gegenseitige Kennenlernen und das Voneinanderl ernen im Mittelpunkt. Das Angebot reichte von syrischer Küche, arabisch grillen und orientalisch vegan kochen bis zu orientalischen Tänzen. Rund 100 Personen nahmen an diesen Angeboten teil. Die interkulturellen Minikurse tragen dazu bei, dass Fremdes zu Vertrautem wird und Vorurteile abgebaut werden.

Vom Teilnehmer zum Kursleiter: Herr Mohammed D. hat an einem Deutschkurs in der VHS Vöcklabruck teilgenommen. Da er kein Auto hatte, bot ihm die Kursleiterin an, ihn nach dem Kurs nach Hause zu fahren. In diesen Autogesprächen erzählte Herr D., dass er in Syrien als gelernter Koch gearbeitet hat, und so ist die Idee entstanden, dass er syrische Kochkurse in der VHS OÖ anbieten könnte. Herr D. leitete sehr engagiert und erfolgreich drei Kochkurse mit 26 TeilnehmerInnen, die im Projekt „Zusammenleben aktiv gestalten“ des EB-Forum OÖ angeboten wurden. Mittlerweile hat Herr D. bereits so gut Deutsch gelernt, dass er auch die Führerscheinprüfung ablegen und eine Kochausbildung über das AMS beginnen konnte. (Bericht: Anne Kapeller, VHS Vöcklabruck)

Für DeutschkursteilnehmerInnen der VHS Bad Leonfelden wurde als Minikurs eine interkulturelle Exkursion in die Landeshauptstadt Linz angeboten. Ziel war es, Land, Leute und die Kultur kennenzulernen.

Interkulturelle Exkursion am 25.4.2017

Mein Name ist Karin Schürz, ich bin Sprachtrainerin an der VHS Oberösterreich. Ich habe in Bad Leonfelden im Caritashaus im Deutschkurs – Deutsch für Asylwerber – TeilnehmerInnen aus Syrien, Afghanistan, Iran und dem Irak unterrichtet. Viele der TeilnehmerInnen waren schon über ein Jahr in Österreich und kannten die Landeshauptstadt von Oberösterreich noch nicht. Es entstand daher die Idee, eine Exkursion nach Linz zu organisieren. An diesem Tag durften alle nur Deutsch sprechen.

Vom Stadtführer und Nachtwächter Herrn Wolfgang Liegl angeleitet, erkundeten die TeilnehmerInnen die Sehenswürdigkeiten der Stadt Linz. Auf der Tour konnten Antworten auf die im Deutschkurs vorbereitete Fragen gefunden werden. Abschließend nahmen die TeilnehmerInnen an einer Teeverkostung teil und es waren sich alle einig: Tee ist ein spezielles Bindeglied zwischen all den unterschiedlichen Kulturen. (Autorin: Karin Schürz, Sprachtrainerin der VHS OÖ)

„Multi-Kulti – Hoch Im Kurs“ war ein interkulturelles Workshop-Angebot für KursleiterInnen und VHS-LeiterInnen der Volkshochschule Oberösterreich. Im Workshop wurden der damals aktuelle Integrationsbericht (Daten über Anzahl, Herkunft, religiöse Zugehörigkeit, etc. der Zugewanderten) und der „Nationale Aktionsplan für Integration“ sowie ein Update zur Rechtslage (Asylrecht, Menschenrechte, Religionsfreiheit, etc.) präsentiert. Anhand von Praxisfällen aus den Kursen wurde diskutiert und es wurden Handlungsempfehlungen abgeleitet. Insgesamt wurde der Workshop viermal durchgeführt, es nahmen insgesamt 36 TeilnehmerInnen teil.

Islam!? – Alle Fragen sind erlaubt: Die TeilnehmerInnen schätzen vor allem den Austausch mit Fr. Monika Mariam Troschl sehr. Frau Troschl ist gebürtige Österreicherin, katholisch aufgewachsen und mit 40 Jahren zum Islam konvertiert. Seither trägt sie als gebildete Frau ein Kopftuch und engagiert sich aktiv in der islamischen Gemeinde. Wichtig ist es ihr, als Brückenbauerin zu agieren, und sie forderte alle auf, sich über „Unbekanntes“ gut zu informieren und Handlungen von KursteilnehmerInnen kritisch zu hinterfragen. Geschätzt wurde von den TeilnehmerInnen, die Offenheit von Frau Troschl, die mit viel Verständnis und Geduld alle Fragen zum Thema Islam beantwortete und gleichzeitig klarstellte, dass der Islam viele Facetten hat und hinter den „Problemen“ oft ganz andere Themen oder Konflikte stecken. (Bericht von Fr. Nicole Kroiss, Moderatorin des Workshops und VHS OÖ Kursleiterin)

Der Themenschwerpunkt des EB-Forum OÖ „Zusammenleben aktiv gestalten“ war eine einmalige Möglichkeit, die vielfältigen und zahlreichen Integrationsangebote der Erwachsenenbildung in OÖ sichtbar zu machen und zusätzlich aufzuzeigen, wie viele Menschen sich weiterhin freiwillig und ehrenamtlich betätigen, um Flüchtlinge zu unterstützen, damit diese ein menschenwürdiges Leben in Österreich führen können. Auch wenn der Themenschwerpunkt mit Juni 2018 endete – das Engagement der Zivilgesellschaft sowie die Integrationsangebote der Erwachsenenbildungseinrichtungen werden weiterhin bestehen, mit dem Ziel, ein friedliches Zusammenleben aller Kulturen und ein gesellschaftliches Miteinander zu fördern. //

Ratzenböck-Höllerl, Iris (2018): Zusammenleben aktiv gestalten. Themenschwerpunkt des Erwachsenenbildungsforum Oberösterreich. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Frühjahr/Sommer 2018, Heft 264/69. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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