Einleitung
Gemäß PIAAC Studie (2012/13) verfügen rund 240.000 in Österreich lebende Erwachsene trotz Schulbildung nicht über hinreichende Grundkompetenzen in den Bereichen Lesen, Schreiben, Alltagsmathematik und digitale Kompetenzen. Ein Fünftel der Schüler*innen verlässt nach wie vor die Pflichtschule, ohne die Grund-Kulturtechniken ausreichend zu beherrschen. Dazu kommt die nach wie vor große gesellschaftliche Tabuisierung hinsichtlich grundlegender Defizite im Lesen, Schreiben und Rechnen und der damit auftretenden Schwierigkeiten in der Bewältigung des persönlichen Alltags. Die herausfordernden Zeiten der Covid19-Pandemie haben diese Situation zusätzlich verschärft.
In der Landschaft der österreichischen Erwachsenenbildung haben sich daher seit vielen Jahren sogenannte Basisbildungskurse für betroffene Personen als eine entsprechend geschützte Nische etabliert, um Bildungsdefizite nach- bzw. aufzuholen. Mit den niederschwelligen, kostenlosen und regional zugänglichen Angeboten der Basisbildung soll die Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Alltag verbessert und ein positiver Zugang zum Lernen entwickelt werden.
Eine der größten Herausforderungen ist es dabei, Menschen mit Bildungsbenachteiligung zu erreichen und sie zu motivieren, ein Basisbildungsangebot in Anspruch zu nehmen.
Im Rahmen des Entwicklungsprojektes ‚Basisbildung neu denken‘ versuchten die Kärntner Volkshochschulen als langjähriger Projektträger von Basisbildungskursen zusammen mit dem Kärntner Bildungswerk und dem Verein für Bildung und Lernen neue Wege zu finden, um auf das Angebot der Basisbildung aufmerksam zu machen und Basisbildungsangebote noch vielfältiger, bunter und abwechslungsreicher zu gestalten.
Dabei stützte sich das Projekt auf drei Säulen:
- Positive-Deviance-Ansatz
- Offenes Lernlabor
- Kompetenzfeststellung
Grundlagen des Positive-Deviance-Konzeptes 1
Das Konzept basiert auf der Annahme, dass es in den meisten (gesellschaftlich benachteiligten) Communities Personen gibt, die in klar umgrenzten, schwierigen Lebensbereichen – trotz gleicher Rahmenbedingungen – einen erfolgreicheren Lebensweg beschreiten als andere, derselben Gemeinschaft zugehörige Personen. Damit gelingt es diesen Menschen, ihre Lebenssituation nachhaltig zu verbessern. Sie werden daher als „Positive Deviants“ (PDs), also positive Ausreißer, bezeichnet.
Ausgehend von dieser Annahme sieht das PD-Konzept einen mehrschrittigen Prozess vor, in dem die sogenannten PDs sowie ihre erfolgreichen Strategien und Herangehensweisen identifiziert und anschließend auf und für die betroffene Community umgelegt werden, um auf diese Weise nachhaltig positive Effekte für die gesamte Gemeinschaft zu erreichen. Ungünstige Strategien werden dabei nach und nach durch förderliche Handlungsweisen ersetzt. Die als PDs identifizierten Personen fungieren in diesem Prozess als sogenannte Role Models. Dies impliziert, dass aus der Community heraus für die Community und auch mit der Community gearbeitet wird.
Übertragung des PD-Ansatzes auf die Basisbildung
Personen mit Basisbildungsbedarf stellen ein in sich sehr inhomogenes Personenfeld (Community) dar, das durch einen individuell unterschiedlich ausgeprägten Lernbedarf charakterisiert und quer durch alle Alters-, Berufs- und Gesellschaftsgruppen sowie geografisch auf alle Regionen des Bundesgebietes verstreut ist.
Dennoch scheinen Personen mit Basisbildungsbedarf insgesamt von durchgängig ähnlichen und damit gemeinsamen „Begleit-Problemen“ betroffen zu sein.
Dazu zählen beispielsweise:
- Probleme bei der Suche nach einer geeigneten Arbeitsstelle oder Schwierigkeiten in der Bewältigung der Arbeitsaufgaben in bestehenden Jobs,
- Schwierigkeiten in der Bewältigung täglicher Lebensanforderungen, in denen
- (schrift-)sprachliche, mathematische und/oder digitale Kompetenzen erforderlich sind,
- Einschränkungen im sozial-gesellschaftlichen Kontext bis hin zur sozialen Isolation.
Vor dem Hintergrund all dieser Faktoren ließ sich eine entsprechende Community, bestehend aus Menschen mit Basisbildungsbedarf, vermuten. Daher erschien das PD-Konzept als ein erfolgversprechender, bislang ungenutzter Ansatz, um Personen mit Basisbildungsbedarf verstärkt zu erreichen und sie dabei nach dem partizipativen Prinzip „Von Teilnehmenden für Teilnehmende“ zu unterstützen und ihre Lebenssituation nachhaltig zu verbessern.
Auffinden von PDs im Kontext Basisbildung
Auf der Suche nach sogenannten Positiven Ausreißern im Kontext Basisbildung zeigte sich im Vergleich zu anderen PD-Projekten sehr bald allerdings eine auffallende Hürde – und damit auch ein wesentlicher Unterschied zum klassischen PD-Konzept: Es erwies sich als schwierig, trotz entsprechend hoher Zahlen hinsichtlich betroffener Personen, eine Basisbildungs-Community, ausgehend vom Community-Verständnis nach dem PD-Ansatz, zu finden. Die Suche nach PDs musste daher auf einzelne Personen eingeschränkt und darüber hinaus auf zusätzliche Personenkreise ausgeweitet werden, die über entsprechende Netzwerkarbeit erreicht werden konnten, und deren Haltungen, Fähigkeiten und Potenziale durchaus für Personen mit Basisbildungsbedarf von Relevanz waren. Die angesprochenen Personen wurden mittels eines eigens ausgearbeiteten Fragebogens im Rahmen von Einzel- bzw. Kleingruppensettings durchgeführten Interviews zu ihren erfolgreichen Strategien und Handlungsweisen, Sichtweisen und Lebenseinstellungen befragt.
Ergebnisse aus den PD-Interviews
Trotz teils erheblicher Unterschiede bezüglich des Alters, des Bildungsstandes und des kulturellen sowie sozialen Hintergrundes der befragten Personen kristallisierten sich gemeinsame oder zumindest ähnliche Strategien und Handlungsweisen heraus, über die in den Gesprächen immer wieder erzählt wurde und die in der folgenden Übersicht auszugsweise dargestellt sind.
Aus diesen gemeinsamen Strategien und Handlungsweisen wurden in der Folge die nachstehend aufgelisteten Themenfelder abgeleitet, welche in den offenen Lernlaboren Kernelemente der Lernprozesse bildeten und über welche die Grund-Kulturtechniken trainiert werden sollten:
Das offene Lernlabor
Die offenen Lernlabore stellen
- mit ihrer Grundstruktur von Basisbildungskursen und den dazugehörigen Lernfeldern Sprache, Mathematik und IKT,
- eingebettet in den PD-Ansatz und daraus abgeleiteten Themen,
- mit einer umfassenden Kompetenzanalyse
- und gestützt auf OTELO-Prinzipien,2
den Kern des Projektes „Basisbildung neu denken“ dar.
Kernelemente eines Offenen Lernlabors (OLL)
- Ziel des im Projekt entwickelten offenen Lernlabors war es, bildungsbenachteiligte Personen im ländlich/kleinstädtischen Kontext mittels eines niederschwelligen Basisbildungsangebotes zu unterstützen. Das Angebot war auf Freiwilligkeit ausgerichtet, um diesem grundlegenden Prinzip der Basisbildung gerecht zu werden. Freiwilligkeit darf in diesem Kontext aber nicht als Unverbindlichkeit missverstanden werden. Freiwilligkeit sollte dabei unterstützen, selbstgesteuertes und eigenverantwortliches Lernverhalten aufzubauen und damit im Sinne von Empowerment Selbstvertrauen und -bewusstsein hinsichtlich der individuellen Kompetenzen zu stärken.
- Der Fokus in den offenen Lernlaboren wurde, dem Basisbildungs-Prinzip der Zielgruppen- und Lernzielorientierung entsprechend, auf die individuelle, teilnehmer*innenorientierte Stärkung der Grund-Kulturtechniken Lesen, Schreiben, Rechnen/Mathematik sowie IKT gelegt. Allerdings sollten diese Basiskompetenzen entlang von Themen vertieft werden, die aus den PD-Interviews abgeleitet worden waren. Mit den aus den PD-Interviews abgeleiteten Themen war auch das Prinzip des Lebensweltbezugs, der in der Basisbildung ein zentrales Element darstellt, gewährleistet. Gleichzeitig konnte einer Verschränkung von Lernfeldern und Kompetenzen, wie in der Basisbildung vorgesehen, ausreichend Raum gegeben werden.
- Das Lernangebot in den offenen Lernlaboren wurde im Unterschied zu regulären Basisbildungsangeboten des Weiteren schwerpunktmäßig dahingehend ergänzt, einen besonders engen Bezug zur persönlichen Berufs- und Arbeitsplatzsituation herzustellen. Entsprechend wurden der individuelle Lernbedarf, persönliche Kompetenzen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten auf formaler und informeller Ebene auf bestehende mögliche zukünftige Arbeitsplatzsituationen im Sinne von Anschlussperspektiven fokussiert. Gleichzeitig sollten mit diesem Fokus Bildungsprozesse als lohnend begriffen sowie Bildung als Wert verstanden werden. Auch hiermit wurde dem Prinzip des Lebensweltbezuges entsprochen.
- Besonderes Augenmerk wurde in allen offenen Lernlaboren auf die Einbindung digitaler Lernmöglichkeiten gelegt, da das Projekt eine gleichsam digitale Offensive vorsah. Die entsprechenden Lernmöglichkeiten kamen als Querschnittsmaterie sehr individuell und breit gefächert zum Einsatz.
- Die Methoden und Materialien, die entlang der aus den PD-Interviews abgeleiteten Themen im Rahmen des Projekts entwickelt wurden, sind erwachsenengerecht und inklusiv aufbereitet. Damit wird dem Basisbildungsprinzip von erwachsenengerechtem Lernmaterial und entsprechenden Lernsettings Rechnung getragen.
- In Übereinstimmung mit den Prinzipien der Basisbildung, die sich aus den angeführten Zielen ablesen lassen, konnten auch die Prinzipien von OTELO nämlich „Freiwilligkeit“, „Stärkung von Selbstwirksamkeit im Prozess der Potenzialentfaltung“, „Begegnung auf Augenhöhe“ sowie das „Teilen von Wissen, Erfahrung und Ressourcen“, als wichtige Säulen der offenen Lernlabore aufgegriffen werden.
Zielgruppe
Die offenen Lernlabore waren sowohl für reine Frauengruppen als auch für gemischte Gruppen mit Männern und Frauen ausgerichtet. Zur Zielgruppe zählten Personen
- mit Basisbildungsbedarf,
- im erwerbsfähigen Alter,
- mit Deutsch als Erst- und Zweitsprache ab Sprachniveau A2.
Rahmenbedingungen der Lernlabore
Die strukturellen Rahmenbedingungen der Lernlabore wurden so gestaltet, dass bestmöglich auf vielfältige Lebensweisen Rücksicht genommen wurde. Alle Lernlabore zeichneten sich durch folgende Kriterien aus:
- Die Kurse waren kostenlos.
- Die Kurse fanden in Kleingruppen statt (max. zehn Personen). So war es den jeweiligen TrainerInnen möglich, auf die einzelnen Wünsche und Bedürfnisse der Teilnehmenden einzugehen.
- Soweit als möglich wurden die Kurstage und die Kurszeiten mit den Lernenden abgesprochen. Daher waren die einzelnen Lernlabore zeitlich und auch inhaltlich unterschiedlich konzipiert.
- Ein Durchgang umfasste bei allen Lernlaboren mindestens 25 Wochen, wobei hier auch vielerorts, im Hinblick auf die Zeit des Lockdowns, um mehrere Wochen verlängert wurde.
- Einstieg und Ausstieg waren flexibel geregelt.
- Die Kurszeiten wurden, wenn möglich, so gewählt, dass sie für erwerbstätige Personen und nicht-erwerbstätige Personen gleichermaßen zugänglich waren.
- Die Kursräumlichkeiten wurden nach Möglichkeit so gewählt, dass sie für die Kursteilnehmenden auch zu Fuß, mit dem Fahrrad oder öffentlich erreichbar waren.
- Da der Anteil der Frauen in der Basisbildung weitaus geringer ist, wurde bei der Kurskonzeption besonders auf die Bedürfnisse von Frauen Rücksicht genommen (Vormittagskurse, Frauengruppen, intensiver Kontakt mit Kooperationspartnern).
- Das Lernen mit Hilfe von digitalen Tools wurde verstärkt und gefördert.
- Einzelcoachingstunden begleiteten alle Lernlabore, um eine bedarfsorientierte Unterstützung in sämtlichen Lebenssituationen gewährleisten zu können.
Das Lernangebot gliederte sich in fünf Bereiche:
Erstgespräch, Lernstands- und Kompetenzerfassung, Aktionsplan
Nach individuellen und persönlichen Erstgesprächen und einer entsprechenden Bedarfsanalyse fanden zu Lehrgangsbeginn Lernstandserfassungen statt, um festzustellen, welche Ressourcen vorhanden waren und an welchen gearbeitet werden sollte. Die Lernstandserfassung war ein Modell zur Erfassung der Kompetenzen der Teilnehmenden in den Lernfeldern Sprache, Mathematik, IKT und Lernen lernen. Diese stellte das Fundament dar, um gemeinsam mit den TeilnehmerInnen die Kursplanung über die Lehrinhalte zu erstellen und in weiterer Folge die Kompetenzfeststellung durchzuführen. Auf Basis des Kompetenzvalidierungsverfahrens des Rings Österreichischer Bildungswerke wurde für die Lernlabore eine adaptierte, sehr niederschwellige Kompetenzfeststellung konzipiert.
Das Ziel dieser Kompetenzfeststellung war es, vorhandene Kompetenzen zu eruieren und sichtbar zu machen. Ausgangspunkt des Kompetenzfeststellungsverfahrens waren individuell ausgewählte Aktivitäten der TeilnehmerInnen, anhand derer Kompetenzen identifiziert, beschrieben und in einer für den Arbeitsmarkt und die persönliche Weiterentwicklung relevanten Art und Weise bewertet werden konnten. Daraus ergab sich eine gute Verknüpfbarkeit mit dem Positive-Deviance-Ansatz und dessen Konzentration auf die Problemlösungsfähigkeit der Teilnehmenden. Die Erfassung der Kompetenzen erfolgte mit dem Ziel der Entwicklung individueller Aktionspläne in Bezug auf weiterführende Bildungsprozesse.
Anhand von folgenden zentralen Fragen wurde versucht, die Stärken und Fähigkeiten der Teilnehmenden zu erfassen:
- Was machen Sie gerne und gut?
- Was haben Sie früher gerne und gut gemacht?
- Warum machen Sie das besonders gerne?
- Was machen Sie dabei genau?
- Welche Fähigkeiten brauchen Sie dazu?
- Welche Fähigkeiten/Stärken wollen Sie weiterentwickeln?
Teilnehmende der offenen Lernlabore erlangten dadurch Bewusstsein über die eigenen Kompetenzen. Die Motivation zur eigenen Weiterentwicklung wurde gestärkt. Die Lernenden wurden im Lernprozess angeregt, und Gelerntes wurde besser verwertet, was zu weiteren Lernanstrengungen führte. Durch den Einsatz von verschiedenen Tools im Kontext von kompetenzorientierten Methoden war gesichert, dass für die jeweilige Person ein entsprechendes Kompetenzprofil erstellt werden konnte, um dadurch einerseits die jeweiligen Kompetenzen sichtbar zu machen, andererseits an diesen weiterzuarbeiten und sie gegebenenfalls auszubauen. Ein sehr individueller Zugang wirkte sich positiv auf die Motivation der einzelnen TeilnehmerInnen am Kurs aus. Das Bewusstsein über die eigenen Stärken und Talente wurde geschärft und sie bekamen Unterstützung, diese im beruflichen wie auch in persönlichen Bereichen einzusetzen.
Die Ergebnisse dieser beiden Verfahren mündeten schließlich in einem personalisierten Aktionsplan für die jeweilige teilnehmende Person, der regelmäßig reflektiert und evaluiert wurde.
Lernphase
Der Aktionsplan diente als Orientierungshilfe und als Lernplan für die Teilnehmenden. Im Hinblick auf die Lernfelder der Basisbildung wurden Lernziele formuliert und festgehalten. Dies ermöglichte einen dynamischen Prozess, der laufend reflektiert und evaluiert wurde.
Neben der individuellen, teilnehmerInnenorientierten Stärkung der Grundkulturtechniken wurde in der Lernphase explizit ein persönlichkeitsbildender und -stärkender Schwerpunkt gesetzt, indem jene aus den Strategien und Handlungsweisen der PDs abgeleiteten Themenfelder gezielt integriert wurden. Dadurch sollten besonders auch soziale Kompetenzen und Möglichkeiten zur Stärkung des Selbstkonzeptes der Lernenden gefördert werden. Strategien und Handlungsweisen, die anderen Personen in ähnlichen Lebenssituationen geholfen hatten, sollten als Anknüpfungspunkt für die eigene Problemlösefähigkeit und deren Weiterentwicklung dienen. Damit lag der Fokus im Sinne des PD-Konzeptes auf dem Prinzip „Von Teilnehmenden für Teilnehmende“ und war in dieser Form doch etwas Neues im Angebotsportfolio der Basisbildung. Es zeigte sich ein hohes Interesse an diesen „neuen“ Themen (Mut, Resilienz, Achtsamkeit, Glück und Zufriedenheit, Lernen lernen, Kennenlernen, Inklusion, Eigenschaften/Fähigkeiten/Stärken, Jobsuche, Lebensziele und Querschnittshemen), da sie einerseits das Gruppengefühl stärkten und andererseits auch die Auseinandersetzung mit den eigenen Bedürfnissen, Zielen und Wünschen anregten. So dienten die Lernlabors nicht nur als Möglichkeit zum Lernen, sondern konnten auch als Begegnungsräume verstanden werden, in denen sich Menschen trafen, um sich zu diesen Schwerpunktthemen auszutauschen und gewonnene Erkenntnisse respektive positive Erfahrungswerte anderer Menschen mit ähnlichen Problemlagen auf das eigene Leben zu übertragen.
Schon in der Konzeption der Lernlabore wurde auf das Lernen mit Unterstützung von digitalen Tools großer Wert gelegt. Aufgrund der pandemiebedingten Lockdowns innerhalb der Projektlaufzeit wurde dieser digitale Schwerpunkt verstärkt und ausgebaut und so fanden Kurse auch im Distance Learning statt. Die Teilnehmenden und auch die TrainerInnen konnten innerhalb kürzester Zeit zahlreiche neue digitale Werkzeuge ausprobieren und damit experimentieren. Vor allem das Smartphone wurde als neues Lernmedium eingesetzt und diente als stetiger Lernbegleiter.
Während der gesamten Kurslaufzeit gab es auch die Möglichkeit, im Einzelsetting mit den Teilnehmenden zu arbeiten, um so noch besser auf die Bedürfnisse und Bedarfe der Personen eingehen zu können. Es war genügend Zeit, um mit den Lernenden einen detaillierten Aktionsplan zu erstellen und auch für die Zeit nach dem Kurs Anschlussperspektiven zu erarbeiten. Die TrainerInnen nahmen hier eine sehr unterstützende und begleitende Rolle ein, die sich oft nicht nur auf den Lernprozess und die berufliche Weiterentwicklung bezog, sondern häufig auch in den sozialpädagogischen Bereich reichte.
Anschlussperspektiven
Da die offenen Lernlabore sowohl einen maßgeblichen Schwerpunkt auf die Erweiterung der persönlichen Kompetenzen mit Blick auf Anschlussperspektiven am Bildungssektor als auch am Arbeitsmarkt legten, wurden unterschiedliche Ebenen herangezogen, um entsprechende Perspektiven möglichst vielfältig zugänglich zu machen. Einige Beispiele hierfür sind:
- Coachings über die Bildungsberatung Kärnten.
- Verfassen von Lebensläufen und Bewerbungen, Üben von Vorstellungsgesprächen.
- Gezielte Suche nach interessanten Weiterbildungsmöglichkeiten, Lernplattformen, Praktika und Ausbildungen.
- Integrieren des regelmäßigen Lernens als fixer Bestandteil des Alltags außerhalb der Kurszeit.
- Erstellen von individuellen Plänen für die Zeit nach den offenen Lernlaboren .
- Überblick über die vorhandenen Kompetenzen zu schaffen, um einerseits das Selbstbewusstsein zu stärken und andererseits gestärkt und gut vorbereitet für den Arbeitsmarkt zu sein.
Erfahrungswerte
Das Entwicklungsprojekt „Basisbildung neu denken“ hat deutlich gezeigt, dass es für die Basisbildung lohnend ist, ergänzende Ansätze zu erproben, neue Schwerpunkte zu setzen und Prinzipien aus bereits bestehenden Konzepten mit jenen der Basisbildung zu verknüpfen.
Auch wenn der PD-Ansatz nicht in der Form für die Basisbildung umgesetzt werden konnte, wie in seiner ursprünglichen Community-Konzeption angedacht, so war er dennoch ein wertvoller Impulsgeber in Bezug auf die Identifikation von Strategien, die zur Bewältigung herausfordernder Lebenssituationen von Teilnehmenden in der Basisbildung dienlich sein können. Über die Identifizierung von PDs und deren erfolgreichen Strategien gelang es, alltagsrelevante Themenfelder herauszukristallisieren, die eng damit verbunden sind, sinnstiftende und positiv-lebensverändernde Handlungsweisen in individuell herausfordernden Lebenssituationen zu nützen. Diese Themenfelder wurden in den Lernlabors ausgiebig in unterschiedlichen Formaten und auf unterschiedlichen Lernniveaus erprobt. Die Erfahrungswerte der PDs waren somit ein ganz wesentlicher Beitrag dazu, andere, von ähnlichen Schwierigkeiten und Problemlagen betroffene Menschen zu unterstützen. So konnte der wesentliche Aspekt des PD-Ansatzes, nämlich individuelle Gelingens-Strategien für eine größere Anzahl an Personen zugänglich zu machen, erfolgreich in das Projekt eingebunden werden.
Das im Rahmen des Projektes genützte Kompetenzfeststellungsverfahren zur individuellen Erfassung formeller und informeller Kompetenzen sowie zur Lernstandserhebung in Bezug auf Sprache, Mathematik und digitale Fähigkeiten bewährte sich, da dadurch stärkenorientiert an bestehende Ressourcen angeknüpft werden konnte und für die Teilnehmenden maßgeschneiderte Aktions- und Lernpläne erstellt wurden. Gerade im Hinblick auf die im Projekt fokussierte Anschlussfähigkeit am Arbeitsmarkt, aber auch in Bezug auf aktuell bestehende Arbeitsstellen war die Kompetenzfeststellung eine Maßnahme, die Potenziale sichtbar macht sowie entsprechende Strategien und Übungsmöglichkeiten zur zielgerichteten, persönlichen Weiterentwicklung an die Hand gibt.
Es ist ein Alleinstellungsmerkmal dieser Art von Bildungsangebot, sich flexibel und schwerpunktmäßig auf die Bedarfe der Lernenden zu fokussieren. Generell wurde von den Teilnehmenden die hohe Flexibilität, die in den offenen Lernlaboren sowohl durch die Kursstruktur als auch in Bezug auf die Lerninhalte gegeben war, als sehr positiv und hilfreich bewertet. Für die meisten Teilnehmenden stellte die Form der offenen Lernlabore eine völlig neue Kurs- und Lernerfahrung dar, die im Gegensatz zu anderen Kursformaten, als motivierender, zielführender und alltagstauglicher beschrieben wurde. Lernen darf als Prozess verstanden werden und muss nicht zwingend einen direkt messbaren Outcome mit sich bringen.
Offene Lernlabore basierend auf dem PD-Ansatz können in jedem Fall als ausbaufähiges Konzept in der Erwachsenenbildungslandschaft eingeordnet werden. //
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